Zorn
intentionales Gefühl, das zweifach gerichtet ist: auf einen erzürnenden Sachverhalt und mit einem Angriffsimpuls auf die Person, die als verantwortlich wahrgenommen wird. Im Vergleich zu der auch gegen Sachen gerichteten Wut ist Z. in seiner Angriffsrichtung wesentlich konzentrierter. Z. ist eine kathartische Erregung mit großer Spontaneität, die sich plötzlich und heftig entzündet und schnell steigert. Z. impliziert eine Situation, in der jemand anderes einer moralischen, einer konventionellen oder einer Geschicklichkeits-Norm zuwiderhandelt, die für den Zürnenden mindestens situativ subjektive Geltung hat, ohne dass ihm dies bewusst sein muss. Nach Schmitz hat Z. die Tendenz, sich im »Auslassen« am Grad des subjektiv empfundenen »Unrechts« zu »messen« und dann jäh zu verebben. Im Z. sind die Bewegungsimpulse zentrifugal nach außen gerichtet, während sie in der Scham genau umgekehrt nach innen gerichtet sind. – Z. ist als moralische Empörung ein Rechtsgefühl, das auf das Wettmachen einer Schädigung oder Rechtsverletzung oder auf die Vergeltung einer Kränkung, die einem selbst oder jemand anderem zugefügt wurde, gerichtet ist. Im Z. wird im Gegensatz zur Scham, dem konträren moralischen Gefühl, das wahrgenommene Unrecht prinzipiell jemand anderem zugeschrieben.
HL
LIT:
- H. Schmitz: System der Philosophie. Bd. III.3. Bonn 1973. S. 2434 und 4447.