Karma
(sanskrit, Tat). Schon ab frühester Zeit, v.a. aber ab der Periode der Brāhmarias (Veden) mit ihrer mechanistischen Weltordnung, glaubt man in Indien daran, dass man mit gut verrichtetem Opfer (K.) Heil erlangen könne und ein schlecht oder gar nicht durchgeführtes Opfer zum Unheil gereiche. In der Upaniṣaden-Zeit erlangt diese Vorstellung und mit ihr der Begriff des K. durch die Verbindung mit der Seelenwanderungslehre (Saṃsāra) eine Individualisierung und eine Ethisierung: es entsteht der Glaube, dass die Taten des Einzelnen als feinmaterielle Tatsubstanz die neue Existenz nach dem Tode bestimmt (Bṛhadāraṇyaka-U. 3.2.13.). Die Erlösung (Mokṣa) kann man konsequenterweise durch Anhäufen guten K.s nicht erlangen, da noch vorhandenes K. eine Wiedergeburt zur Folge hat. Erlöst wird man, wenn kein K. mehr vorhanden ist, oder – in theistischen Systemen –, wenn man durch die Gnade der Gottheit erlöst wird. Die K.-Lehre zieht eine weitere Vorstellung nach sich, die des unaufhörlichen Weltprozesses, des zyklischen Weltbildes. Denn wenn die Wesen aufgrund ihres K. immer wieder geboren werden, dann muss dieser Prozess von Ewigkeit her existieren und impliziert sowohl Aufstieg und Fall von Individuen als auch makrokosmisch des gesamten Alls. Alle indischen Geistesströmungen, die die Wiedergeburt annehmen (Hinduismus, Buddhismus, Jainismus), erkennen dieses Konzept an und bauen darauf ihre Ethik und Morallehre auf. Während im Jainismus K. problemlos als Feinsubstanz in die Seele (Jīva) einströmen und sich auf diese erlösungshemmend auswirken kann, wird im Buddhismus das Problem der Wiedergeburt ohne Seele, das auch die K.-Lehre in Frage stellen könnte, relativiert durch die Theorie der Kausalität und des immerwährenden Entstehens und Vergehens der Daseinsfaktoren (Dharma, Pāli: dhamma).
MD
LIT:
- W. D. OFlaherty (Hg.): Karma and Rebirth in Classical Indian Tradition. Berkeley 1980
- J. Gonda: Die Religionen Indiens. Bd. I. Stuttgart 21978. S. 206 ff. u. 279 ff
- H. Oldenberg: Die Lehre der Upaniṣaden und die Lehre des Buddhismus. Gttingen 1915. S. 105 ff.