Begierde
Teilweise gleichbedeutend mit »Begehren« und mit »Leidenschaft« verwendet, umfasst der Begriff das menschliche Antriebsleben. Eine unterschiedliche Akzentsetzung erfährt der Begriff nach zwei Seiten: (a) Er benennt die naturhaften Anlagen des Menschen, (b) er kennzeichnet die Art, wie diese Anlagen den Menschen zur Aktivität antreiben. Bei Augustinus stellt die B. zunächst nur eine der vier Hauptleidenschaften: Schmerz – Freude, Angst – B. dar. Thomas von Aquin differenziert in seiner Lehre von den Affekten das sinnliche Strebevermögen (appetitus sensitivus) von dem vernunftbestimmten Wollen (appetitus intellectivus). Bei Hobbes und Rousseau erfährt B. eine inhaltliche Interpretation als Selbsterhaltungstrieb. – Die Unterscheidung hinsichtlich der Antriebsart, wie sie bereits in der Nikomachischen Ethik von Aristoteles in der Forderung des Ausgleichs zwischen strebender Vernunft und vernünftigem Streben angesprochen und von Thomas von Aquin als Unterscheidung zwischen dem sinnlichen Strebevermögen und vernunftbestimmten Wollen weitergeführt wird, prägt das Verständnis von B. in der Ethik: Der durch seine B.n bestimmte Mensch ist nicht Herr seines Wollens und Handelns, da er durch diese Fremdbestimmung jeglicher Selbstbestimmung verlustig geht.
PP