Differenz
wird in der Philosophie des Deutschen Idealismus vornehmlich mit den Begriffen Nicht-Identität, Unterschied, Verschiedenheit und Gegensatz dem Begriff der Identität entgegengesetzt. Kant stellt im Kontext der transzendentalen Reflexion die Verschiedenheit der Einerleiheit gegenüber. Im Akt der transzendentalen Reflexion dient die Verschiedenheit als Reflexionskategorie dazu, Vorstellungen empirischer Gegenstände objektiv vergleichen zu können. Nach Kants Beispiel sind zwei Tropfen Wasser numerisch verschieden aufgrund ihrer Erscheinung zur gleichen Zeit an zwei verschiedenen Orten (KrV). Schelling entwickelt den Begriff des Gegensatzes in seiner Identitätsphilosophie. Er geht aus von einem höchsten Prinzip, der absoluten Indifferenz, die als die Einheit der Einheit und des Gegensatzes gedacht wird. Gegensätze wie endlich-unendlich, Möglichkeit-Wirklichkeit und auch der Gegensatz Einheit-Gegensatz selbst, sind für Schelling konstitutiv für das endliche Denken. Charakteristisch ist hier, dass der Gegensatz zwischen der Einheit und dem Gegensatz in der absoluten Indifferenz als aufgehoben gilt und anstelle dessen als Einheit begriffen wird. Die Indifferenz ist ohne jeden Gegensatz, ist jedoch zugleich auch Prinzip des Gegensatzes als solchem (Bruno). Hegel geht in der Bestimmung des Verhältnisses zwischen der Identität und dem Unterschied einen Schritt weiter, indem er den Charakter dieses Verhältnisses als Grund dialektisch denkt. Der Grund ist einerseits die Einheit der Identität und des Unterschiedes. Als Grund ist die Einheit jedoch keine bloße Identität mit sich, sondern sie ist immer Grund von einem Anderen. Deshalb ist der Grund auch der Unterschied der Identität und des Unterschiedes (Encyclopädie). Als Reflexionsbestimmung des Wesens hat der Unterschied bei Hegel drei Formen: Als bloße Verschiedenheit verhalten sich Identität und Unterschied gleichgültig nebeneinander und sind reflexiv nur jeweils auf sich selbst bezogen. Als Gegensatz gewinnen Identität und Unterschied überhaupt erst ihre je eigene Bestimmung durch ihre gegenseitige Beziehung aufeinander als ihr Anderes. Diese beiden Momente des Unterschiedes zusammen sind der gesetzte Widerspruch sowohl an sich als auch für sich, der sich in der Einheit des Grundes auflöst (Wissenschaft der Logik). Auch auf der Satzebene thematisiert Hegel den Unterschied als die wesentliche Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat, der jedoch im spekulativen Satz in der Identität von Subjekt und Prädikat als Formunterschied aufgehoben ist (Phänomenologie).
KG
LIT:
- Werner Beierwaltes: Identitt und Differenz. Frankfurt 1980.
Differenz,ontologische
bezeichnet bei Heidegger den Unterschied zwischen Sein und Seiendem. Das scheinbar nächste, das Seiende, verstellt den Blick auf das es ermöglichende Sein, das nicht selbst ein Seiendes ist. Daher gilt es für Heidegger, die Frage nach dem Sein des Seienden neu zu stellen. Dies ist möglich, weil der Mensch vom Sein selbst in die Wahrheit des Seins gestellt ist.
FPB
Differenz,theologische
besteht nach einer experimentellen Formulierung Heideggers im Unterschied des Gottes vom Seienden, von der Seiendheit und vom Sein; sie bezeichnet die »transzendente« Differenz des Ganz Anderen. Diese unterscheidet sich sowohl von der »transzendentalen« Differenz der Seiendheit vom Seienden als auch von der »transzendenzhaften« (ontologischen) Differenz des Seins von der Seiendheit und dem Seienden. Die th. D. begegnet zuerst der Sache nach in der existentialen Bestimmung der Theologie als der von der Philosophie absolut verschiedenen Wissenschaft des Glaubens, danach in der seinsgeschichtlichen Konzeption des »letzten« Gottes, der einen anderen Anfang des Denkens im Sinne der Besinnung auf die Wahrheit des Seins als solche herbeiführt. Um nicht dem Vorwurf einer Ontotheologie ausgesetzt zu sein, lehnte Heidegger jedoch diese Auffassung der Andersheit Gottes nachträglich ab.
OFS
LIT:
- O. F. Summerell: The Otherness of the Thinking of Being. In: Ders. (Hg.): The Otherness of God. Charlottesville/London 1998. S. 111134.