Schuld
Der Begriff ist mehrdeutig und drückt ebenso das Geschuldete (das Gesollte, bis hin zur Geldschuld) wie das Verschuldete (das Verursachte, bis hin zur Verfehlung) aus. Philosophisch ist nur die zweite Wortverwendung von Bedeutung, die auf dem Hintergrund von Handlungsnormen plausibel gemacht werden kann. Allerdings ist Sch. in der philosophischen Ethik von sekundärer Bedeutung, die Rede von Sch. ist in der Rechtswissenschaft und der Theologie zu beheimaten.
(1) Dem juristischen Sprachgebrauch kann der Verursachungsbegriff der aristotelischen Handlungstheorie – »Von allem, wovon der Mensch Ursprung und worüber er Herr ist, ist er Ursache« – zugrundegelegt werden. Die Rede von Sch. kann damit nicht von der Rede von Verantwortung gelöst werden und wird in der Rechtssprache mit dem Begriff der Strafe verknüpft. Von Kant stammt der Gedanke, dass Sch. nur dem Menschen als Person zukomme, dass die Sch. »verantwortliche Entscheidung für das Unrecht« ist, wobei weithin zwischen moralischer und rechtlicher Sch. unterschieden wird. Rechtsphilosophisch belebt wurde die Diskussion um die Verwendung des Sch.-Begriffes in der Diskussion um die Kollektiv-Sch. nach dem Zweiten Weltkrieg. Jaspers unterschied dabei eine kriminelle (trifft alle Verbrecher), eine politische (trifft alle Staatsangehörigen), eine moralische (trifft die Untätigen) und metaphysische (trifft alle Überlebenden) Sch.
(2) In der Theologie sagt der Begriff Sch. etwas über das Verhältnis des Menschen zu Gott aus und deutet die Übertretung einer göttlichen Norm durch den Menschen an; diese Übertretung – als »erste Übertretung«, peccatum originale – ist in der Theologie im Konstrukt der »Erbschuld« (»Erbsünde«) systembildend geworden; diese kennzeichnet das Verhältnis Mensch-Gott durch einen schuldhaften Malus, den nur die sühnende Erlösungstat Christi kompensieren kann. Theologische Voraussetzung für das Schuldigwerden des Menschen ist die Willensfreiheit, von der die Verantwortung des Menschen für sein Tun abgeleitet wird. Spezifisch theologisch ist der Begriff der Sünde – Handlung, Vergehen –, der vom Begriff der Sch. – Konsequenz der Sünde – unterschieden wird.
(3) Im phänomenologischen Klassiker P. Ricœurs La symbolique du mal wird die Sch., gerade umgekehrt, als subjektives Moment der Verfehlung, der Begriff der Sünde zur Charakterisierung des ontologischen Moments charakterisiert.
CSE
LIT:
- K. Jaspers: Hoffnung und Sorge. Mnchen 1965
- A. Kpcke-Duttler (Hg.): Schuld-Strafe-Vershnung. Mainz 1990
- P. Ricur: Die Symbolik des Bsen. Freiburg 1971.