Beschreibung
bezeichnet die systematische, geordnete Darstellung von materiellen oder ideellen Sachverhalten mit gedanklich-sprachlichen Mitteln. Die B. eines Sachverhalts bzw. von Daten der sinnlichen Wahrnehmung, des Experiments, der Beobachtung usw. bildet in der Regel den Ausgangspunkt der wissenschaftlich fundierten Erkenntnistätigkeit. Sie bedient sich stets bestimmter sprachlicher Symbole, z.B. der natürlichen Sprache, spezieller Zeichensysteme, Ziffern und Grafiken. Als wissenschaftliches Erkenntnisverfahren liefert sie ein relativ genaues Abbild des betreffenden Sachverhalts, kann jedoch nur angeben, wie ein Sachverhalt beschaffen ist, und nicht, warum er so und nicht anders ist. Die B. bezieht sich daher im Wesentlichen nur auf die Erscheinung des beschriebenen Sachverhalts und dringt nicht zu dessen Wesen und den Ursachen sowie Gründen seines Bestehens vor. Insofern stellt sie die erste, elementare Stufe der wissenschaftlichen Erkenntnis dar, die zur Erkenntnis des Wesens, zur Erklärung und zu Theorienkonstruktionen fortgeführt werden muss. – Die vom Positivismus zur einzigen Aufgabe der Wissenschaft erklärte vollständige B. von Fakten fasst das Hauptanliegen der Wissenschaften daher zu eng. Die von ihm geforderte vollständige B. einer Erscheinung ist zum einen unmöglich, weil diese in der unendlichen Vielfalt ihrer Eigenschaften und Relationen zu anderen Erscheinungen eine unendliche Zahl von B.en erfordern würde. Zum anderen ist ein derartiges Unternehmen nicht nötig, da es für die wissenschaftliche Erkenntnis und die praktische Tätigkeit nicht auf eine gleichermaßen detaillierte B. der wesentlichen und unwesentlichen, der notwendigen und zufälligen, der allgemeinen und individuellen Eigenschaften und Relationen der Erscheinung ankommt, sondern auf die Erkenntnis des Wesens, des Allgemeinen im Einzelnen, des Notwendigen und Gesetzmäßigen im Zufälligen. Die B. kann deshalb ihrer Funktion im Rahmen der Erkenntnis nur dann genügen, wenn sie nicht verabsolutiert und von den anderen wissenschaftlichen Erkenntnisverfahren und -mitteln, wie Erklärung, Hypothese, Prognose u.a., losgelöst, sondern in der Einheit mit ihnen gesehen und praktiziert wird.
RS
LIT:
- E. Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit. Berlin 31922. Bd. 1/2. Nachdr. Hildesheim 1974
- A. Hochstetter-Preyer: Das Beschreiben. Halle 1916
- F. Kaulbach: Philosophie der Beschreibung. Kln/Graz 1968.
Beschreibung,definite
Russell geht von der Behauptung aus, dass unsere Kenntnis physikalischer Objekte und anderer Personen gleichermaßen eine Kenntnis aufgrund von B. sei. Seine Theorie der B. soll zeigen, dass eine Aussage auch ohne die Annahme ad-hoc postulierter Gegenstände für die in einer Aussage verwendeten scheinbaren Gegenstandsbezeichnungen verstanden werden kann. Mit Hilfe der Unterscheidung zwischen Eigennamen und definiter B. versucht er das zu begründen: Als definite B. können Ausdrücke verstanden werden wie »der Sound-so«, z.B. »die letzte Person, die den Raum verlassen hat«, »der Dichter der Ilias«. Im Gegensatz zu den Eigennamen, die sich durch einen eindeutigen Gegenstandsbezug auszeichnen, treffen die definiten B.en entweder auf kein Individuum zu oder auf mehr als nur ein Individuum. Eine definite B. hat außerhalb des Aussagesatzes keine Bedeutung, andererseits verstehen wir die Bedeutung von Aussagesätzen, ohne ihren Gegenstandsbezug zu kennen, wie z.B. in »der gegenwärtige König von Frankreich ist kahlköpfig« – eine Aussage, für die gegenwärtig kein Gegenstandsbezug behauptet werden kann. Die wichtige These seiner Theorie der definiten B. ist, dass Aussagen über Gegenstände, die definite B.en enthalten, nicht als Aussagen über Gegenstände, sondern als Aussagen über Aussagefunktionen zu analysieren sind (Aussagefunktion ist ein Ausdruck, der einen oder mehrere indeterminierte Bestandteile enthält). Als Bsp. einer solchen Analyse: Die Aussagefunktion »x ist ein männliches Lebewesen, x ist der gegenwärtige König von Frankreich und x ist kahlköpfig« ist für einen und nur einen Wert wahr. Wenn ein solcher König gegenwärtig nicht existiert, zeigt die Analyse, dass die Aussage falsch, wenn auch nicht sinnlos ist.
PP
LIT:
- B. Russell: Human Knowledge. London 1948
- Ders.: On Denoting. In: Mind 14 (1905). S. 479493.
Beschreibung,dichte/dünne
Durch die Distanzierung von positivistisch-empiristischen Paradigmen der Kulturrepräsentation führt C. Geertz (Interpretation of Culture, 1973) den Begriff der »dichten Beschreibung« (thick description) in den anthropologischen Diskurs ein, womit er eine analytische Beschreibung meint, in der Theorie und Feldforschungdaten nicht getrennt werden, sondern die Theorie zur Grundlage des datengenerierenden Prozesses wird. Obwohl synonym zum früheren Begriff von Ethnographie gebraucht, bedeutet »dichte Beschreibung« im Paradigma der symbolischen Anthropologie viel mehr. Es geht nicht nur um das Beschreiben des Beobachtbaren und seine Zurückführung auf soziale Prozesse innerhalb der Gesellschaft oder interkulturellen Vergleich, sondern um Bedeutungen. Diese ergeben sich aber wesentlich aus dem, was nicht beobachtbar ist, dem was die Mitglieder bestimmter Kulturen über ihren Glauben und ihr Handeln berichten, wie sie sich selbst verstehen und deuten (»die Perspektive des Eingeborenen«), also aus einer partikularen und mikroskopisch orientierten Forschung. Ausgehend von der These, dass jedes soziale Handeln schon in sich eine Interpretation ist, bedeutet etwas »dicht« zu beschreiben, eine Interpretation der Interpretation des anderen zu gestalten. Sie sollte das beinhalten, was zum symbolischen System der erforschten Gruppe gehört (Religion, Kunst, Kosmologie, Mythen, Rituale). – Im Gegensatz dazu wird in einer »dünnen Beschreibung« (thin description) die Bedeutungsmehrschichtigkeit nicht in Betracht gezogen, was Geertz mit dem von G. Ryle (von dem der Begriff der dichten Beschreibung stammt) übernommenen Beispiel illustriert: die dünne Beschreibung »schnell das rechte Augenlid bewegen« lässt uns völlig darüber im Unklaren, ob es sich um ein unwillkürliches Zucken, ein informierendes Zwinkern oder eine Parodie handelt, mit der jemand einen anderen nachahmt.
SZ
LIT:
- F.-P. Burkard: Anthropologie der Religion. Dettelbach 2005. S. 115138
- C. Geertz: Dichte Beschreibung. Frankfurt 41995
- J. Rudolph: Was ist dichte Beschreibung? In: Kea, Zeitschrift fr Kulturwissenschaft 4 (1992). S. 3962
- S. Wolff: Die Anatomie der Dichten Beschreibung. In: J. Matthes (Hg.): Zwischen den Kulturen? Gttingen 1992. S. 339361.