Meditation
M. als praktische Übung der Konzentration des Geistes (manas) spielt im indischen Geistesleben ab der Zeit der Upaniṣaden eine wesentliche Rolle auch im Bereich der philosophischen Erkenntnistheorie. Sie ist über archäologische Funde schon für die Zeit vor der arischen Einwanderung wahrscheinlich: auf Siegeln der Indus-Kultur (Mohenjo Daro, Harappa) sind Abbildungen von Gottheiten in typischer Meditationshaltung mit gekreuzten Beinen zu sehen. Die durch die M. zu erreichende Erkenntnis (sanskrit: vijñāna) ist nicht als eine analytisch-diskursive zu verstehen, sondern eher als die intuitiv verwirklichte höchste Erkenntnis, die zur Erlösung führt. Ist auch der Inhalt der Erkenntnis, den man in der M. realisieren soll, in den verschiedenen Systemen und Schulen unterschiedlich, so sind sich doch die Praktiken sehr ähnlich, und die Hauptpunkte können – mutatis mutandis – anhand der letzten sechs der acht Glieder des Yoga (yogāṅga) dargestellt werden: bestimmte Sitzhaltungen (āsana), Kontrolle des Atems (prāṇāyāma), Zurücknahme (pratyāhāra) der Sinnesorgane von den Sinnesobjekten, das Festsetzen (dhāraṇā) des Denkens auf ein Objekt, eine Intensivierung der dhāraṇā, die eigentliche M. (dhyāna), in der ausschließlich das Objekt das ganze Denken erfüllt, völlige Versenkung (samādhi), unterteilt in zwei Arten: samādhi mit Objektbewusstsein (saṃprajñāta) und samādhi ohne Objektbewusstsein (asaṃprajñāta), die letztlich zur Absolutheit, zur Erlösung führt. Im Buddhismus ist die Wertschätzung der M. als Mittel zur Erlangung der Erleuchtung, der höchsten Erkenntnis, die die Voraussetzung zur Erlösung (Nirvāṇa) ist, gleichermaßen hoch, hatte doch der Buddha selbst die Erleuchtung erst nach längerer M. erfahren. Im alten Buddhismus werden die verschiedenen Möglichkeiten und Stufen der M., die die Erleuchtung vorbereiten sollen, dargestellt. Versenkung in M., charakterisiert als »Denken, das [nur] eine Spitze [ein Objekt] hat« (Pāli: cittekāggatā), ist das vorletzte der »Glieder [Stufen] der Erleuchtung« (Pāli: bhojjaṅga) und die letzte Stufe des edlen achtfachen Pfades. Aus dem Mahāyāna geht dann eine Schule hervor, die ihr Hauptaugenmerk gerade auf die M. (dhyāna) legt und v.a. in Ostasien (China, Korea, Japan) als chin. Chan- oder jap. Zen-Buddhismus blühte. Auch im Jainismus spielt die M. eine große Rolle auf dem Erkenntnis- und Heilsweg.
MD
LIT:
- M. Eliade: Yoga. Frankfurt 1985. S. 55 ff
- E. Frauwallner: Geschichte der indischen Philosophie. Bd. I. Salzburg 1953. S. 258 ff. u. S. 430 ff
- Nyanatiloka: Buddhistisches Wrterbuch. Konstanz 21976, siehe jhāna, und samādhi.
Meditation
seit dem 16. Jh aus lat. Meditatio, im christlichen Kontext die Auslegung und das Nachdenken über Inhalte des christlichen Glaubens. Als primäres Ziel der M. wird eine völlige Umwendung des Bewusstseins gesehen, durch die der Übende über den Buchstabenglauben hinaus den Geist der Texte zu erfahren sucht. – In der neuzeitlichen Philosophie fand der Begriff insbesondere bei Descartes und in seinem Gefolge bei Husserl Verwendung. Der auch hier intendierte Wandlungsprozess ist jedoch in erster Linie diskursiv verstanden. Vor allem durch die Auseinandersetzung mit fernöstlicher M. wird dann von H. Rombach ein die spirituelle und philosophische Dimension integrierendes Meditationsverständnis entwickelt. – Die in der Gegenwart sich abzeichnende breite Renaissance der M. in der westlichen Welt spielt sich jedoch in erster Linie in den Bereichen der Psychologie und Therapie ab, wobei vor allem die ungegenständliche M. östlicher Provenienz Anwendung findet.
EWG
LIT:
- L. M. Boden: Meditation und pdagogische Praxis. Mnchen 1978
- K. Engel: Meditation. Frankfurt u. a. 1995
- H. Rombach: Strukturanthropologie. Freiburg/Mnchen 1987. S. 418420.