Richtigkeit
in der Regel begrifflich abgegrenzt von Wahrheit, wobei R. häufig entweder einem Bereich zugeordnet wird, der im strengen Sinne als nicht wahrheitsfähig gilt, oder eine im Vergleich zur Wahrheit mindere Wertigkeit unterstellt wird. Aristoteles verbindet beide Aspekte: R. kann nur von einer Denkbewegung ausgesagt werden, die sich auf die je besondere und veränderliche Praxis bezieht; ein Rat oder eine Überlegung ist richtig, wenn er oder sie der Realisierung eines sittlich wertvollen Zwecks dient. Dagegen ist Wahrheit das Ziel einer auf allgemeine und unveränderliche Gegenstände gerichteten Erkenntnis, deren Geltungsanspruch über das situationsabhängige, hier und jetzt Gegebene hinausweist. Noch in der aktuellen Diskussion wird unter R. vorwiegend eine auf ethische Belange eingeschränkte normative R. als die Übereinstimmung von Handlungsmaximen und ethischen Normen verstanden. So unterscheidet etwa Habermas die normative R. von der propositionalen Wahrheit und der subjektiven Wahrhaftigkeit und fasst alle drei als kritisierbare Geltungsansprüche auf, die in verständigungsorientierten Sprechhandlungen notwendigerweise erhoben werden. Der Anspruch auf normative R. soll dabei ebenso rational begründbar sein wie der Anspruch auf propositionale Wahrheit. Dagegen markiert Hegels Differenzierung zwischen R. und Wahrheit v.a. deren unterschiedliche Wertigkeit: Während er die Entsprechung zwischen »äußerlichen Dingen« und »meinen Vorstellungen« als »bloße R.« auffasst, bezeichnet er als Wahrheit nur die »absolute Einheit des Begriffs und der Objektivität«: Die »Gegenstände sind wahr, wenn sie das sind, was sie sein sollen, d.h. wenn ihre Realität ihrem Begriff entspricht.« N. Goodman formuliert schließlich einen Begriff von R., der sie weder theoretisch abwertet noch auf ethische Fragestellungen einschränkt. Angesichts einer Vielfalt konfligierender und dennoch legitimer – wissenschaftlicher wie künstlerischer – Weltbeschreibungen hält Goodman es für notwendig, eine Vorstellung von systemrelativer R. einzuführen, die Maßstäbe für die Akzeptierbarkeit von Aussagen, Darstellungen und Beschreibungen definiert. Indem dann als richtig gelten soll, was innerhalb eines bestimmten Bezugsrahmens als passend und damit als akzeptabel erscheint, können einander widerstreitende Beschreibungsversionen dennoch als je richtige zugelassen werden.
FG
LIT:
- Aristoteles: Nikomachische Ethik. Buch VI
- N. Goodman: Weisen der Welterzeugung. Frankfurt 52001
- J. Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns. Bd. 1. Frankfurt 41987
- G. W. F. Hegel: Enzyklopdie der philosophischen Wissenschaften. Bd. 1.